Читать «Немецкий с улыбкой. Учись смеяться не плача / Lerne lachen ohne zu weinen» онлайн - страница 8

Курт Тухольский

– „Wo haben Sie diese Arbeit veröffentlicht?“

– „Ich war zu faul, sie niederzuschreiben.“

– „Das kann jeder sagen. Wussten Sie denn, dass es einen Krieg geben würde?“

– „So wenig wie ich sechs Tage vor Rathenaus Tod wusste, dass er gekillt werden würde. Trotzdem stieß ich am 22. Juni 1922 einen Kassandra-Ruf aus: Was wäre, wenn…“

– „Und – wie sehen Sie heute? Hell? Schwarz? Hell? Bitte setzen Sie sich. Aber legen Sie nicht die Hand auf die Augen… mit mir müssen Sie das nicht machen. Sagen Sie nur, was Sie wissen. Putsch?“

– „Putsch trocken. Ich sehe kein Blut. Ich sehe die aufgeregte Insel Deutschland. Fascismus Lagerbräu.“

– „Erklären Sie sich näher.“

– „Wozu ein Putsch? Die Herren haben ja beinahe alles, was sie brauchen: Verwaltung, Richter, Militär, Schule, Universität – wozu ein Putsch? Immerhin… es ist Frühling… in Deutschland geschieht nie etwas, aber in den Köpfen steht: es muss etwas geschehn. Es kann schon etwas geschehn. Was wäre, wenn…“

– „Nehmen Sie etwas Kaffee. Es ist gar kein Kaffee, aber nehmen Sie nur etwas Kaffee, also: der deutsche Fascismus. Was wäre, wenn…?“

– „Der Stahlhelm, sorgsam gepflegt unter dem freundlichen Patronat einer Regierung, in der die Sozialisten stets auf die Koalition hinwiesen und in der die Rechten so taten, als wären sie ganz allein… der Stahlhelm wird aufmarschieren. Geld hat er. Gedrillt ist er. Passieren kann ihm nichts.“

– „Warum nicht —?“

– „Weil er die Verwaltung wachsen hört. Weil er alles, was jemals eine Behörde gegen ihn unternimmt, wenn es eine wagte, etwas zu unternehmen, achtundvierzig Stunden vorher weiß.“

– „Durch wen?“

– „Durch seine Leute, die die Verwaltung durchsetzen wie der Schimmel den Käse.“

– „Die Regierung?“

– „Die Regierung weiß es, will nichts wissen, ahnt es, möchte nichts ahnen… der Stahlhelm weiß.“

– „Die Hitlerleute?“

– „Halb so schlimm. Furchtbar viel Geschrei; Brutalitäten; Freude an organisiertem Radau; Freude an der Uniform, den Lastwagen und dem Straßenaufmarsch… halb so schlimm. Vorspann – sobald sie den ersten Ruck gegeben haben, wird man sie bremsen, die armen Kerle. Es wird da große Enttäuschungen geben.“

– „Und was wird geschehen?“

– „Äußerlich nicht so sehr viel. Kleine lokale Widerstände der Arbeiter; die sind aber gespalten, desorganisiert, waffenlos, niedergebügelt von einer jahrelangen Vorbereitungsarbeit der Justiz. Die Besten sind nicht mehr. Die Zweitbesten hocken in den Zellen. Der Rest steht auf – und legt sich gleich wieder hin. Müde. Enttäuscht. Ausgehungert. Stempeln, stempeln, stempeln.“

– „Ausrufung der Diktatur? Absetzung des Reichspräsidenten?“

– „Wo denken Sie hin! Mussolini hat seinen kleinen König; die hier haben ihren breiten Hindenburg. Der bleibt. Der Reichstag wird so gut wie nach Hause geschickt… niemand wird ihn vermissen. Denn was die da in den letzten Jahren getrieben haben: so etwas von Leerlauf, von Selbstzweck, von Insicharbeit… so etwas war noch nicht da. Eine Karikatur des Parlamentarismus. Der ist fertig. Ein Direktorium, ein Ausschuss, irgend etwas mit harmlos-hochtönendem Namen, das wird regieren.“