Читать «Еврейские судьбы: Двенадцать портретов на фоне еврейской иммиграции во Фрайбург» онлайн - страница 7

Павел Маркович Полян

1990 zählte man in Freiburg 201 Personen als Mitglieder. Den Höhepunkt erreichte die Mitgliederzahl in Freiburg wie auch in ganz Deutschland 2005: Damals hatte die Freiburger Gemeinde 738 Mitglieder. Schon 2015 sank wieder die Zahl auf 592 Menschen, was ein Viertel weniger ist als 2005.

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2015–2016 (je nachdem, wie man den Beginn definiert) sind es 25 Jahre des offiziellen Beginns der jüdischen Migration nach Deutschland aus der UdSSR und den postsowjetischen Ländern, vor allem aus der Ukraine und Russland. Die Geschichte dieser Migrationswelle, die für die UdSSR die letzte war, ist noch nicht geschrieben.

Die Dokumentenbasis einer solchen Studie muss facettenreich und umfassend sein. Neben diversen amtlichen und nicht amtlichen Dokumenten und Statistiken, neben soziologischen Ausführungen und Medienveröffentlichungen müssen auch sogenannte Ego-Dokumente – Tagebücher, Erinnerungen und Interviews derjenigen, um die es sich eigentlich handelt, d. h. jüdischer Auswanderer – einen würdigen Platz darin einnehmen. Die Aktualität der Frage wird noch dadurch verstärkt, dass die meisten Migranten der ersten Generation schon im hohen Alter sind.

Zugleich sind das Menschen mit garantiert spannenden Schicksalen, die unmittelbaren Nachkommen, Geschichtswissenschaftlern und einfachen Lesern erzählt werden wollen. Da Einwanderer exzellent ausgebildet sind und über eine gewisse Menge an Freizeit verfügen, kann man durchaus damit rechnen, dass sie bereit wären, die Peripetien ihres eigenen Lebens bzw. des Lebens ihrer Väter und Großväter zu beschreiben.

Und gerade damit rechnete ich, als ich vorschlug, ein entsprechendes Pilotprojekt in der Israelitischen Gemeinde Freiburg zu starten. Der Gemeindevorstand zeigte Verständnis und erklärte sich bereit, diese Idee zu unterstützen. Im Endergebnis erhielten die Gemeindemitglieder zusammen mit einem der Rundbriefe folgenden Text (hier gekürzt):

«OHNE MICH IST DAS VOLK NICHT VOLLSTÄNDIG!»

KOLLEKTIVES JÜDISCHES GEDÄCHTNISARCHIV

«Ohne mich ist das Volk nicht vollständig!»

(A. Platonow)

«Jeder bzw. jede von Ihnen lebt in Deutschland sein bzw. ihr nicht gerade einfaches, jedoch einzigartiges, ereignis – und erlebnisreiches Leben, wo auch immer es begonnen haben mag… Sowohl hier und heute als auch dort und damals war Ihr Leben und das Leben ihrer Eltern und anderer Vorfahren voller Ereignisse, die sowohl vom Standpunkt Ihres persönlichen Lebenslaufes als auch vom geschichtlichen Standpunkt aus von Interesse sind. Ihre individuellen Schicksale fügen sich zur allgemeinen Geschichte – der Geschichte des Judentums und der Menschheit – zusammen.

Mit diesem Brief leitet die Gemeinde Freiburg ein Projekt zum Aufbau unseres kollektiven historischen Gedächtnisarchivs ein. Wir rufen Sie auf, etwas Zeit und Seelenkraft zu finden, um sich gedanklich in die Vergangenheit zu begeben, Hefte aufzuschlagen oder PCs einzuschalten und Ihre Familienchroniken zu erstellen. Sollten Sie dabei auf technische Schwierigkeiten stoßen, werden wir alles Mögliche tun, um Sie bei ihrer Behebung zu unterstützen.

Alle Ihre Aufzeichnungen werden wir unseren Nachkommen – Kindern sowie Enkel – und Urenkelkindern – überliefern, zuerst als Bestandteil des laufenden Gemeindearchivs, dann als Bestandteil des ins Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland mit Sitz in Heidelberg aufgenommenen Schriftgutes unserer Gemeinde. Mit Ihrer Zustimmung werden wir Ihre Geschichten im speziellen Bereich unserer Website unterbringen, und die interessantesten davon werden in Sammelbänden veröffentlicht werden.

Wir haben vor, den ersten Sammelband dieser Art dem Gedenken an den Zweiten Weltkrieg zu widmen. Auf seinen Seiten finden ihren Platz die Erinnerungen derjenigen, die in Fronttruppen oder Partisaneneinheiten kämpften, aber auch derjenigen, die in Ghettos bzw. in besetzten Gebieten auf eine harte Probe gestellt wurden und derjenigen, die den Krieg im Hinterland verbrachten oder evakuiert wurden.

Schreiben Sie Ihre Erinnerungen so auf, wie Sie es für angemessen halten. Versuchen Sie allerdings, damit anzufangen, was Sie über die Schicksale Ihrer Eltern, Ihrer Großväter, Großmütter usw. wissen. Wenn Sie ein Familienarchiv (alte Fotos, Briefe u.ä.) haben, das Ihre Erzählung veranschaulichen könnte, bringen Sie bitte dieses Archiv in die Gemeinde – wir werden Scans anfertigen, Ihnen die Originale zurückgeben und den Text mit Ihren Dokumenten beleben».