Читать «Еврейские судьбы: Двенадцать портретов на фоне еврейской иммиграции во Фрайбург» онлайн - страница 6
Павел Маркович Полян
Im April 1990 haben sich die ersten 70 sowjetischen Juden, die sich in Deutschland, genauer gesagt, in der DDR mit einem Visum als Touristen oder dienstlich bzw. geschäftlich aufhielten, bei den ostdeutschen Behörden «gemeldet» und kehrten nicht mehr in ihre Heimat zurück, wo in dieser Zeit ein starker Antisemitismus aufkam und die Gefahr der jüdischen Pogromen drohte.
…Am 13. Dezember 1990 stand plötzlich eine 4-köpfige Familie aus Russland vor der Synagogentür. Das waren Vadim Hersonski, seine Ehefrau und ihre zwei Kinder – der Sohn und die Tochter. Sie waren ursprünglich bei einer deutschen Familie in Emmendingen-Wasser zu Gast gewesen, im Austausch zu einem deutschen Besuch in Moskau. Nun sind sie hier und wollen keinesfalls zurück in die UdSSR, wo Antisemitismus und Vorpogromstimmungen gerade angeheizt werden.
Dieser Vorfall, der sich Teschemachers Gedächtnis so einprägte (siehe die das Buch eröffnende Skizze über ihn) war eigentlich die erste Kontaktaufnahme des – noch nicht einmal postsowjetischen, sondern sowjetischen – Judentums mit den Freiburger Juden. Die Kontaktaufnahme, die dazu führte, dass sich zu den ersten Dutzenden der Mitglieder, die damals in den deutschen jüdischen Gemeinden registriert waren, noch über 200 Tausend ehemalige sowjetische Juden zugesellten.
Es wurden die grundlegenden Einwanderungsbestimmungen entwickelt, die relativ gesehen die sowjetischen und postsowjetischen Juden nach dem Einwanderungsstatus den sogenannten «Kontingentflüchtlingen» gleich setzten. Mit der Zuwanderung nach Deutschland von Juden aus der ehemaligen Sowjetunion wuchs nicht nur die Mitgliederanzahl der Gemeinden, sondern die Anzahl der Gemeinden selbst: Es wurden sowohl neue orthodoxe als auch liberalen und Chabad-Gemeinden gegründet. Die Zahl der Einwanderer belief sich auf 205.700 Personen im Spitzenjahr 2005, dabei wurden 107.700 als Mitglieder bei den Gemeinden angemeldet.
In den Jahren 2005–2006, als die jüdische Einwanderung nach Deutschland genau sein 15-jähriges Jubiläum zu feiern schien, gab es eine Änderung in den Trends und die Zahlen gingen langsam, aber sich beschleunigend, nach unten. In der ersten Linie war das mit dem Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes verbunden. Ein Bestandteil dieses Gesetzes betraf die Juden aus der ehemaligen Sowjetunion: Statt «Kontingentflüchtlinge», wurden sie nun «jüdische Einwanderer» genannt. Aber die Veränderung betraf nicht nur die Bezeichnung. Der neue Status stoppte fast die ganze Einwanderung, brachte sie zum Minimalwert. 2015 sank die Gesamtmitgliederzahl der jüdischen Gemeinden in Deutschland unter 100.000 und belief sich auf 99.700 Personen, was dem Stand von Mitte 2003 sich gleicht.